… meiner Sicht auf die Menschenfotografie.
Ich habe ja schon das eine oder andere dazu auf meiner über mich-Seite gesagt. Ich fotografiere Menschen, keine Models.
Ich möchte das an der Stelle mal ein wenig vertiefen: einfach, weil ich es sehr oft erlebe, wie Menschen verachtend in meinen Augen es doch oft zugeht. Das der Fotograf doch sehr oft seine Interessen in den Vordergrund stellt. Und die Person vor der Kamera zum nützlichen Idioten verdammt wird, der einzig und allein den Interessen und Ideen des Fotografen zu dienen hat.
Ich will mal das weite Feld der Berufsfotografie auslassen. Ich bin Amateur und habe keinerlei Ambitionen, diesen Status aufzugeben. Amateur bedeutet, dass ich das, was ich tue, aus Liebe tue. Und ja, ich liebe die Fotografie! Sie gibt mir eine Möglichkeit, Augenblicke festzuhalten. Meine Sicht der Dinge zu zeigen. Gerade die Peoplefotografie gibt mir auch die Möglichkeit mit Menschen in Kontakt zu treten, die ich sonst vielleicht nie kennen gelernt hätte.
Aber gerade diese Sicht der Dinge ist es, die mich hier beschäftigt. Es wird ja gesagt, dass das Bild, dass der Fotograf macht, auch viel über ihn aussagt. Eine Aussage, die ich nicht zu 100%, aber doch in weiten Teilen unterschreibe. Immerhin bin ich es, der ein Bild mit meiner Kamera macht. Ich lege fest, wie es aussieht. Bestimme Aufbau, Schnitt, Schärfepunkt. Weise die Pose und den Ausdruck an, oder mache Vorschläge, was ich mir vorstelle; bzw. löse dann aus, wenn ich etwas für fotografierenswert halte. Treffe eine Auswahl und bearbeite das Bild anschließend. Die Person vor der Kamera wird in diesem Moment zu einer Figur, die ich nach meinem Gutdünken abbilde. Und hier genau kommt aber der Punkt zustande, warum ich sage, dass das oben nicht zu 100% zutrifft.
Weil die Person vor der Kamera eben auch zum Ergebnis beiträgt. Ihr Aussehen, ihre Mimik und Gestik spielen eine immense Rolle für das Endergebnis. Vieles kann ich vorschlagen oder anweisen. Aber umsetzen tut es der Mensch vor der Kamera auf seine eigene Art und Weise. Die Kunst ist es in meinen Augen, genau diese individuellen Unterschiede herauszuarbeiten. Dazu gehört für mich eben mehr als durch den Sucher zu schauen. Die Zeit und Blende, wie auch die Schärfe richtig zu wählen und abzudrücken. Dazu gehört es, den Menschen vor meiner Kamera Mensch sein zu lassen. Sein Wesen zu erkennen und zu respektieren. Und im Idealfall herauszuarbeiten. Ich gebe zu, dass ist nicht immer leicht. Funktioniert mal besser und mal schlechter. Für mich ist ein gutes Gespräch während des Shootings mindestens genauso wichtig, wie das Shooting selber. Oft sind es sogar die Shootings, wo ich mit wenigen Bildern nach Hause gehe, an die ich mich besonders und vor allem besonders gern erinnere. Weil gerade hier neben der reinen Bildproduktion eine Symbiose entsteht. Dass der Mensch vor meiner Kamera mehr von sich zu zeigen beginnt als nur seine äußere Gestalt. Bei mir kommt noch hinzu, dass ich auch bei der Bildauswahl und der Bearbeitung weite Mitspracherechte einräume, was die Grenzen weiter verschwimmen lässt.
Was für die Peoplefotografie allgemein gilt, gilt für die Aktfotografie nochmal besonders.
Mal klar gesagt: es spricht für mich nix dagegen, wenn ein Mensch auch mit gar keinen Klamotten oder zumindest mit wenig am Leib fotografiert wird. Die Frage, die ich mir stelle, ist nur: wie?
Klar! Oft ist Nacktheit ja oft schon fast Normalität. Aber dennoch: Wer sich auszieht, den Blicken von vielen preis gibt, der darf erwarten, dass ihm Respekt entgegen gebracht wird. Das es dabei eben nicht um die Ansprache sexueller Schlüsselreize geht, sondern eher um das Spiel mit Sinnen und Sinnlichkeit. Das ein Aktbild nicht dadurch besser wird, je „mehr“ zu erkennen ist. Das die Nacktheit eher als Transportmittel für eine Emotion oder auch eine Geschichte dient. Und nicht als Animation für eher sexuell gelagerte Instinkte. Das gilt in meinen Augen auch für eher erotische Bilder. Auch hier sollte es in meinen Augen viel mehr um das gehen, was man erahnt, als das was man erkennt. Pose, Perspektive, das geschickte Einsetzen von Licht und Schatten. Aber ebenso Blicke und Mimik. All das zählt. Und nicht die Quadratzentimeter erkennbarer Haut. Nicht der freie Blick auf primäre oder sekundäre Geschlechtsmerkmale.
Ein gutes Aktbild erfreut das Organ zwischen den Ohren und nicht das in der Hose!
Klar sind die Grenzen fließend – gerade in dem Bereich. Aber eins bleibt unumstößlich: der Respekt vor dem abgebildeten Menschen. Das die Bilder in vertrautem Einvernehmen gemacht und auch veröffentlicht werden. Das Absprachen eingehalten und Grenzen respektiert werden. Und das ein Nein auch wirklich ein Nein ist!
Es gilt ja der Satz: behandle einen Menschen so, wie Du selber behandelt werden möchtest. Und das gilt auch hier: fotografiere einen Menschen so, wie Du auch selber fotografiert werden möchtest. Womit ich nicht den Stil meine, der sich von Fotograf zu Fotograf ja sehr unterscheiden kann. Andere Bildstile finde ich bereichernd und spannend. Ich achte aber auch hier darauf, inwieweit die Bilder mich in ästhetischer oder auch künstlerischer Art ansprechen- also um die Art und Weise, was und wie ein Mensch wahrgenommen und abgebildet wird.
Ähnliches gilt bei der Herangehensweise an „Schönheitsideale“. Hier sträuben sich mir die Nackenhaare, wenn ich Diskussionen von Fotografen über Models höre, die sich rein an Äußerlichkeiten orientieren. Und wo einer den anderen zu übertrumpfen versucht, wer den zuletzt die „geilere Schnecke“ vor der Linse hatte. Und auf der anderen Seite Fehler gesucht werden, wo keine sind. Mir ist klar, das gerade Frauen oft ihre schärfsten Kritiker sind, was ihr Aussehen angeht. Ich persönlich finde es aber gerade spannend, wenn eben nicht alles perfekt und in der Norm ist. Gerade dieses unperfekte, das Abweichen von der Norm (wer legt die eigentlich fest?), das ist es doch, was einen Menschen erst einzigartig macht. Und damit interessant.
„Es gibt keine schlechten Models, es gibt nur schlechte Fotografen. Wer sich über ein schlechtes Model beklagt, hat offenbar die falsche Auswahl getroffen…“ (Zitat von unbekannt)
Ich will und werde weiterhin genau darauf achten – was einen Menschen interessant macht. Was ihn aus der Masse heraus hebt. Und versuchen, das in meinen Bildern herauszustellen.
ich würde mich freuen, Eure Meinung zu dem Thema zu lesen – wie geht Ihr das an? Was ist Eure Sicht der Dinge in Sachen Menschenfotografie?